Aller Anfang ist schwer...

Falls es jemanden interessiert, wie ich überhaupt auf die Idee kam, mich mit fleischfressenden Pflanzen zu beschäftigen - folgender Text ist vor allem auch eine Beschreibung, wie man an die Sache nicht herangehen sollte:

Es war einmal: Wir hatten uns eine mittlere Schädlingsplage im Gewächshaus eingehandelt, und ich wollte nach Möglichkeit nicht gerade die Chemische Keule auspacken. Irgendwann kam mir dann die Idee, es doch mal mit fleischfressenden Pflanzen zu probieren, die mir schon in diversen Gartencentern aufgefallen waren. Groß war die Hoffnung zwar nicht, aber vielleicht würden sie ja wenigstens den Gelbstickern bei der Arbeit helfen...

Ich stürzte also kurzentschlossen auf zum nächsten Bau- und Gartenmarkt und graste die Regale ab. Egal was, Hauptsache, es hat Hunger und ist billig - wer wird sich schon mit irgendwelchen Vorkenntnissen belasten... Meine "Beute": zwei Drosera aliciae, eine Dionaea muscipula und eine halbvertrocknete Nepenthes ventrata (als kostenlose Beigabe). Zudem gab es noch den Hinweis, die Pflanzen nur mit destilliertem Wasser zu gießen und immer naß zu halten. Da ich darauf nun gar nicht eingerichtet war, mußte improvisiert werden: Man nehme eine große Photoschale, fülle sie mit den Blumentöpfen und destilliertem Wasser und plaziere das Ganze auf der Fensterbank im Gewächshaus. Anschließend beginne man, zu hoffen und die Daumen zu drücken... Wahrscheinlich hatte ich aber selbiges nicht fest genug getan: Während der Sonnentau mit seinem Standort scheinbar sehr zufrieden war, verkümmerte die Kannenpflanze immer mehr, und auch die Blätter der Venusfliegenfalle wurden binnen weniger Tage schwarz. Nun packte mich doch das schlechte Gewissen. Also rein ins Internet und die Suchmaschinen angeworfen, was mich dann ziemlich schnell ernüchterte. Du lieber Himmel, da hatte ich mich auf was eingelassen: Regenwasser, Beleuchtung, Luftfeuchtigkeit, Substrate - eigentlich wollte ich ja nur ein paar lebende Fliegenfänger...
Aber jetzt erst recht! Auch wenn der größte Teil meiner Kultur aussah, als hätte ihn der Schlag gerührt - ich würde doch keine Pflanze auf den Kompost werfen, solange noch ein Hoffnungschimmer besteht. Außerdem wäre es auch mir selbst gegenüber ziemlich peinlich gewesen. Versuchen wir uns also mal als Pflanzendoktor... Die arme Dionaea war wohl einer Kombination aus Hitzschlag und trockener Luft zum Opfer gefallen war, ein sofortiger Umzug ins Freiland konnte sie auch nicht mehr retten. Als nächstes war die Nephentes dran: ich habe einfach alle schwarzen Blätter und Kannen abgeschnitten, den verliebenen traurigen Rest mehrmals mit destilliertem Wasser abgesprüht und einen Gefrierbeutel darübergestülpt. Und tatsächlich - die Pflanze begann wieder auszutreiben, es bildeten sich sogar zwei neue Kannen. In der nächsten Woche habe ich dann den Gefrierbeutel durch eine oben offene Röhre aus glasklarer PE-Folie ersetzt, da der Beutel ständig so beschlagen war, daß man die Pflanze nur noch schemenhaft erkennen konnte. Die Röhre überragt die Pflanze nur um ca. 20 cm, was aber scheinbar für die Bildung eines geeigneten Mikroklimas ausreicht. Jedenfalls wächst sie seitdem munter weiter und bildet auch neue Kannen. Was den Sonnentau angeht, so scheint er aber doch etwas zu warm zu stehen: Auf allen Bildern, die ich von aliciae gefunden habe, bilden die Blätter flach am Boden liegende Rosetten, bei mir erinnert das ganze mehr an Feldsalat und wächst auch ungefähr so schnell.
Ein ernsthaftes Problem stellt im Moment noch die Wasserversorgung dar: da unsere Garage (als einzige Regenwasserquelle) zum größten Teil unter Bäumen steht, ist das dort anfallende Regenwasser durch eingeschwemmten Schmutz, Laub u.ä. ziemlich nährstoffreich, so daß ich es nicht verwenden kann. Eine Regenrinne für das Gewächshaus ist zwar geplant, aber bis alles klappt, muß ich mir regelmäßig destilliertes Wasser aus dem Baumarkt holen.

Aber inzwischen hatte es mich gepackt. Ich hätte nie geglaubt, daß diese doch unscheinbaren Pflänzchen so faszinierend sein können. Mittlerweile sind ein Zimmerterrarium für Nephentes und ein kleines Moorbeet für Dionaea sowie winterharte Drosera und Sarracenien in Arbeit.

Was nun aber die Eignung fleischfressender Pflanzen als Fliegenfänger angeht (wegen der ich ja in die ganze Geschichte erst reingeschlittert bin):
Der Nutzeffekt ist annähernd Null. Bei mir jedenfalls. An die Kannenpflanze können dank der "Klimaröhre" keine Insekten mehr ran, und der Sonnentau scheint für Weiße Fliege & Co bei weitem weniger anziehend zu sein als Gurken- und Paprikapflanzen. Aber das stört mich mittlerweile nicht mehr, eigentlich sollte ich vielmehr dem Ungeziefer dankbar sein - schließlich hat es mich erst dazu gebracht, mich mit Carnivoren zu beschäftigen...